Über die Grundlage der Urteile und über das Pflichtgefühl
Wer kennt es nicht? Das Pflichtgefühl. Bisher habe ich euch die beiden ersten Teile aus Adam Smith’s Buch ‘Theorie der ethischen Gefühle‘ (kurz: TEG; engl.The Theory of Moral Sentiments) vorgestellt. Im seinem ersten Hauptwerk beschrieb der schottische Moralphilosoph wie grundlegend Sympathie für die Entstehung ethischer Gefühle ist. Nicht nur unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern unser gesamtes Urteilsvermögen gründet auf Sympathie. Während ich hier das Prinzip der Sympathie und ihre Funktion vorgestellt habe, ging es im zweiten Teil darum, welchen Grundsätzen das menschliche Empfinden von Verdienst und Schuld folgt. Heute sehen wir uns die‘Grundlage von Urteil und über das Pflichtgefühl‘ an.
Appell an das Pflichtgefühl: Justizia vertritt die Gerechtigkeit durch Unvoreingenommenheit (links) während Mose für die Zehn Gebote Gottes plädiert (Image by S. Hermann & F. Richter from Pixabay).
Über das Prinzip der Selbstbilligung und Missbilligung
Das Prinzip, nach welchem wir unser eigenes Verhalten billigen oder nicht billigen ist das gleiche Prinzip, nach dem wir ein Urteil über andere Menschen und ihre Handlungen fällen. Soweit wir uns in das einen anderen Menschen hineinversetzen können, sympathisieren wir mit ihm oder nicht. Und im gleichen Maß tun wir es mit unserem eigenen Betragen. Wir werden zu unserem eigenen Beobachter bzw. Zuschauer. Zudem prüfen wir unser Verhalten wie es ein gerechter Zuschauer tun könnte. Wir betrachten nicht nur unser Verhalten mit den Augen anderer Menschen, sondern auch die Handlungen anderer aus der Perspektive dritter. Und dies in der Art und Weise, wie jene den Betroffenen betrachten könnten.
So wie wir in unserem Alltag ein Urteil über anderer Menschen Handlungen fällen, beurteilen wir auch uns selbst aus der Perspektive eines unbekannte Dritten (Photo by Luke Paris on Unsplash).
Könnte also ein einsamer Mensch sich über sich selbst Gedanken machen und ein Urteil bilden? Er würde zwar Affekte haben und deren Ursachen würden in ihm diese Affekte aufs Neue wecken, aber die Betrachtung von Freude und Leid könnte in ihm keine Freude und kein Leid hervorrufen. Sobald er in Gesellschaft ist, wird ihm auffallen, dass die Menschen manche Affekte billigen bzw. missbilligen. Durch Sympathie wird auch er Freude, Leid und Abneigungen empfinden. Dadurch werden seine Freude und sein Leid zur Ursachen neuer Freuden und Leiden.
Dem zuvor Beschriebenen liegt zugrunde, dass wir unsere ersten Vorstellungen von anderen Menschen ableiten. Im Falle der Schönheit und Hässlichkeit werden wir von Körpern anderer affiziert. Unser eigener Körper wird wiederum in anderen Menschen Kritik oder Gefallen auslösen. Und so kommt es, dass wir uns fortwährend um unser Erscheinungsbild bemühen. Wir bewerten uns aus der Distanz heraus und durch die Augen anderer Menschen. Hätten wir keine Verbindung zur Gesellschaft wären wir auch nicht eitel. Daher richtet sich unsere moralische Beurteilung auf Charakter und Veralten anderer, um zu prüfen inwiefern wir selbst Kritik oder Beifall verdient haben. Und wir prüfen unser Verhalten sowie unsere Affekte danach, indem wir bedenken, wie sie uns wohl erscheinen würden, wenn wir an ihrer Stelle wären.
Generell sind wir Beifall gegenüber gleichgültiger als Tadel. Tadel trifft uns dann umso mehr, wenn wir bereits an uns selbst zweifeln. Gefallen ruft in uns Ruhe und Selbstzufriedenheit hervor. Aber eine Kritik führt bei uns zu Argwohn und dem Gefühl der Lasterhaftigkeit. Glück ist das Gefühl geliebt zu werden. Dahingegen ist Elend das Gefühl gehasst zu werden und dies zu verdienen. Wir versuchen uns eine Meinung zu bilden, indem wir uns als Handelnde aus der Perspektive eines Zuschauers sehen. Wir sind Richter und Gerichtete. Laster sind dabei hassenswert und strafbar. Demgegenüber Belohnung und Liebe verdienen liebenswerte Menschen.
Verlangen nach Lob und Lobenswürdigkeit
Allgemein fürchten wir ein negatives Urteil von Seiten anderer. Darüber hinaus haben wir Angst gehasst zu werden und hassenswert zu sein. Aber mehr noch als Tadel, fürchten wir Tadelnswürdigkeit und mehr als Lob lieben wir die Lobenswürdigkeit. Auch wenn wir nicht getadelt werden, möchten wir uns nicht tadelnswert fühlen. Darüber hinaus wollen wir nicht nur wegen Dingen gelobt werden, für die andere Leute Anerkennung erhalten. Sondern wegen Dingen, um derentwillen, AUCH andere Leute gelobt würden. Dafür müssen wir zu unparteiischen Zuschauern unserer selbst werden und uns mit den Augen anderer sehen, wie andere uns sehen würden. Wenn wir aus dieser Perspektive immer noch mit uns zufrieden sind, sind wir glücklich. Die Billigung anderer verstärkt dabei unsere Selbstbilligung und stärkt unser Selbstwertgefühl. Ihr Lob lässt uns lobenswürdig fühlen.
Doch das aufrichtigste Lob bedeutet uns nichts, wenn es kein Beweis für unsere Lobenswürdigkeit ist. Lob bringt uns nichts, wenn es unseres Erachtens nach keinen Grund oder Gegenstand gibt, für den für gelobt werden könnten oder sollten. Verdienen wir unseres Erachtens nach kein Lob, bewirkt das dieses Urteil anderer nichts bei uns, sondern erscheint uns irrtümlich. Unsere Unsicherheit in Bezug auf unsere Verdienste und unser Bestreben sollten in uns bewirken, das Urteil anderer über unsere Verdienste kennenzulernen. Wäre Lob für uns nur ein Beweis für unsere Lobenswürdigkeit, dann würden wir es niemals erzwingen oder durch Betrug erreichen wollen. Damit ist Lob für uns mehr, nämlich Anerkennung.
Lob und Tadel drücken die Gefühle anderer Menschen gegenüber unserem Verhalten und Charakter aus. Daher ist es uns so wichtig. Denn wer gelobt wird, wird geschätzt! Es ist mehr als Eitelkeit oder bloßes Verlangen nach Lob und positivem Urteil. Es geht auch um Verdienstlichkeit. Sehr wenigen Menschen genügt es vor sich selbst gut dazustehen. Wir möchten darüber hinaus von anderen bewundert und für lobenswert gehalten werden um uns selbst anerkennen zu können. Manche Menschen finden nichts an Lob, insofern sie nicht von ihrer Lobenswürdigkeit überzeugt sind. Andere sind nur auf Lob und positives Urteil aus. Demgemäß reicht es dem Menschen nicht, einfach nur nicht tadelnswert zu sein, es sei denn er ist dem verdienten Tadel entgangen.
Der Weise, der “innere Mensch” und das Urteil der Spiegel
Der weise Mann strebt nicht nach Lob, aber er vermeidet Handlungen, die ihn tadelnswürdig machen sowie jede Gelegenheit, bei der er getadelt werden könnte. Es ist eine Schwäche wenn jemand nur auf Lob aus ist, auch wenn es um lobenswürdige Handlungen geht. Das Bemühen, dem Tadel entgehen zu wollen, ist aber vielmehr eine lobenswerte Klugheit. Der „innere Mensch“ in uns möchte lobenswürdig erscheinen und dies gründet sich auf den Wunsch, die Eigenschaften zu haben und die Handlungen zu vollbringen, die wir an anderen lieben und bewundern. Und genauso gründet sich diese Tatsache auf die Furcht, die Eigenschaften zu besitzen und die Handlungen zu tun, die wir an anderen hassen. Das Ausmaß, mit dem Tadel uns gegenüber ausgesprochen wird, dämpft unser Gefühl und unser Empfinden für das Lobenswerte und Tadelnswürdige. Wenn das Urteil der Zuschauer einstimmig gegen uns ist, fangen wir an zu zweifeln und zu zögern.
Vergleiche mit anderen Menschen sind nur dann möglich, wenn ich verschiedene Perspektiven einnehme. Weder allein unserer noch allein der Standpunkt der anderen reichen aus. Es braucht eine unparteiische dritte Perspektive um zu einem Urteil meiner selbst zu kommen. Wenn unsere passiven Gefühle fast immer so egoistisch sind, warum sind die Prinzipien, die unsere Handeln bestimmen so edelmütig? Wenn uns immer alles das, was uns selbst betrifft, so viel mehr berührt als alles, was andere betrifft, was ist es, das uns fähig macht unsere eigenen Interessen den größeren Interessen anderer zu opfern? Die Antwort bilden die Vernunft, der Grundsatz, das Gewissen, der innere Mensch und das Urteil des eigenen Richters über unser Verhalten.
Die Tücken der Selbstliebe
Nur der unparteiische Zuschauer allein lehrt uns die wirkliche Geringfügigkeit unseres eigenen Selbst erkennen und nur durch seine Augen können wir die Täuschungen der Selbstliebe überwinden. Nicht aus Liebe zur Menschheit oder Nächstenliebe tun wir dies, sondern aus Liebe zu allem Ehrenwerten, aus Verlangen nach Größe, aus der Würde und Erhabenheit unseres Charakters. Sobald wir mit unserem Verhalten am Glück oder Unglück anderer beteiligt sind, kann uns die Selbstliebe nicht mehr täuschen unseren Vorteil durchzusetzen.
Adam Smith sagt, dass ein Einzelner niemals sich selbst einem anderen vorziehen darf, wenn für den anderen ein Schaden entsteht. Auch wenn der eigene Vorteil größer wäre als der Schaden des anderen. Den daraus entstehenden Makel unserer Selbst und die Verachtung anderer für uns würden wir nicht ertragen. Sobald aber unsere Interessen die der anderen nicht mehr tangieren und wir durch die unsrigen keinen Einfluss auf Glück oder Unglück anderer Menschen nehmen können, lassen wir uns von der Selbstliebe leiten. In diesem Fall handeln wir so, dass eine Unparteilichkeit zwischen uns und den anderen gewährleistet ist. Selbst im Alltag sei es problemlos möglich sittlich richtig zu handeln und sich dabei nicht sehr einschränken zu müssen.
Zwei Arten von Philosophien
Wir empfinden für andere nur soviel wie für uns selbst
Wir empfinden für uns selbst nur so viel, wie wir für andere empfinden
Diese Philosophen werfen immer vor, dass wir uns erlauben glücklich zu sein obwohl andere Menschen Unglück erleben. Ihnen zufolge sollten wir alle niedergeschlagen sein. Aber eine übertriebene Sympathie mit einem uns unbekannten Unglück ist sinnlos. Warum sollte man eher mit dem einen weinen, als mit den anderen zwanzig lachen? Ein derartiges Mitleid ist nicht nur künstlich, sondern auch nicht im Menschen hervorrufbar. Außerdem machen wir mit unserem Mitleid andere Leute noch mehr elend fühlend. Unser Mitleid ist bei Menschen, denen wir weder Dienste noch Schaden zufügen können, deshalb sehr gering (z.B. aufgrund räumlicher bzw. geografischer Distanz). Und unser Mitleid ist schon gar nicht vorhanden, wenn wir an Leiden der anderen Menschen nichts ändern können.
Weil wir das Mitleid anderer nicht ertragen, bemühen wir uns zu Selbstbeherrschung und Fassung. Der Grad von Selbstbilligung, mit der wir unser eigenes Verhalten betrachten, ist höher oder niedriger, im Verhältnis zum Grad von Selbstbeherrschung, die nötig war, um diese Selbstbilligung zu erreichen. Mit der Selbstbeherrschung überwinden wir unser Mitleid uns gegenüber und können uns wieder anderen Dingen in voller Aufmerksamkeit widmen. Dies lässt sich mit “gutem Betragen im Unglück” beschreiben: Wer in seinem Elend, seiner Trauer und seinem Selbstmitleid versinkt, kann nicht weiterleben und gelangt nicht mehr zur Zufriedenheit mit sich selbst bzw. nicht zu einer hohen Selbstbilligung.
Wer unglücklich ist, sollte es nicht mit jedem teilen, sondern nur mit den vertrautesten. Wer glücklich ist, sollte es nur mit gleich- oder höhergestellten teilen. Nicht mit denen, die einem nun unterlegen sind. Das grämt ihren Stolz. Die Richtigkeit der eigenen sittlichen Gefühle ist dann in Gefahr, wenn der parteiische und nachsichtige Zuschauer näher ist, als der unvoreingenommene und unparteiische Zuschauer. Der parteiische Zuschauer möchte nur die Billigung seiner Mitbürger erlangen und ihr Wohlgefallen ernten. Darunter leiden jedoch Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit. Daher verleitet uns die Selbstliebe manchmal zu Prahlerei und gefallsüchtigem Verhalten ohne dabei die Lage des anderen zu sehen.
Der stoische Weise ist einem Gott überlegen, denn die Furchtlosigkeit des Gottes sei ein Werk der Natur, die ihn vom Leiden befreit habe. Die Furchtlosigkeit des Weisen sei sein eigenes Werk und stamme ganz und gar aus ihm selbst und seinen eigenen Anstrengungen.
Quellen
Theorie der ethischen Gefühle, TEG IV, 307-330: Über den Einfluss der Nützlichkeit auf das Gefühl der Billigung.
Über den Einfluss der Nützlichkeit auf das Gefühl der Billigung
Bisher habe ich euch die beiden ersten Teile aus Adam Smith’s Buch ‘Theorie der ethischen Gefühle‘ (kurz: TEG; engl.The Theory of Moral Sentiments) vorgestellt. Im seinem ersten Hauptwerk beschrieb der schottische Moralphilosoph wie grundlegend Sympathie für die Entstehung ethischer Gefühle ist. Nicht nur unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern unser gesamtes Urteilsvermögen gründet auf Sympathie. Während ich hier das Prinzip der Sympathie und ihre Funktion vorgestellt habe, ging es im zweiten Teil darum, welchen Grundsätzen das menschliche Empfinden von Verdienst und Schuld folgt. Heute sehen wir uns den‘Einfluss der Nützlichkeit auf das Gefühl der Billigung‘ an.
Die Nützlichkeit eines Gegenstandes gefällt dem Besitzer, weil er ihn an das Vergnügen und die Bequemlichkeit erinnert, die der Gegenstand leistet. Der Zuschauer nimmt infolge der Sympathie Anteil an den Empfindungen des Besitzers. Wider Erwarten wird der glückliche Umstand der Erfindung eines Gegenstandes oft mehr geschätzt, als der Zweck für den er geschaffen wurde.
Genauso wird die Herbeiführung einer Bequemlichkeit und Vergnügung oft mehr beachtet als die Bequemlichkeit selbst, die das Ziel der Erfindung darstellt. Um etwa einem zukünftigen Mangel an Bequemlichkeit zu entgehen, nehmen wir oft zunächst Mühen auf uns bevor uns im Nachhinein ein Nachteil entsteht. Z.B. räumen wir etwas auf, damit wir es nachher bequem hätten oder sortieren Dinge, um sie später wieder finden zu können. Aber vielmehr als die für uns entstehende Bequemlichkeit nach dem Aufräumen, genießen wir eine bestimmte Anordnung der Dinge (im Raum und zueinander). Und trotzdem steht hinter der Anordnung die Bequemlichkeit, die sich ausdrücken will sowie die Schicklichkeit und Schönheit der Anordnung selbst.
Gewissenhaftigkeit in einem Bereich muss sich in anderen Lebensbereichen oder Angelegenheiten nicht wiederfinden. Und dies nicht etwa deshalb, weil uns viel an Pünktlichkeit oder Gewissenhaftigkeit liegt, sondern weil wir die Vollkommenheit des Gegenstandes schätzen und sein vollkommenes Funktionieren.
Darüber hinaus ist die Anschaffung eines unbedeutenden Nutzwertes nicht so sehr mit der Nützlichkeit und dem Nutzen des Gegenstandes verbunden. Vielmehr ist es die Geschicklichkeit, einen solchen Nutzen zu bewerkstelligen. Darüber hinaus sind es die Liebe zur Funktionsweise und zum Funktionieren als auch für die Erfindung an sich. Egal wie geringfügig der Gegenstand ist und egal wie groß der Nutzen für ihn oder eine Allgemeinheit.
Für eine uns erträumte Vorstellung von Bequemlichkeit tun wir Dinge, die in höchstem Maßen unbequem sind und sogar unbequemer er der erduldete Mangel der Situation, aus der wir kommen, die wir aber ändern möchten, weil wir sie unbequem finden. Der Nutzen der kleinen Dinge ist für uns nicht so augenscheinlich wie Gegenstände, die sich durch Größe und Reichtum ausdrücken. Die Befriedigung der Besitzer prachtvoller Gegenstände des Reichtums wird von uns geteilt und gebilligt. Wir können sie leicht nachvollziehen und der gegenständliche Nutzen erschließt sich uns von selbst.
Weil wir mehr auf die Empfindungen eines Zuschauers achten als auf jene der betroffenen Person, stellen wir uns eher vor, wie seine Situation den anderen erscheinen wird. Und weniger wie sie dem Betroffenen selbst erscheint. Der Zuschauer bildet sich aber nicht ein, dass reiche Menschen glücklicher sind, sondern dass sie mehr Mittel zur Glückseligkeit besitzen. Und die geistreiche wie kunstvolle Anordnung der Mittel zu ihrem Zweck, erwecken unsere Bewunderung.
Angesichts von Alter und Krankheit verliert Reichtum jedoch seinen Reiz und damit auch unsere Bewunderung dafür. Denn die Vorzüge des Reichtums sind nicht mehr imstande Alten und/oder Kranken die für den Reichtum aufgewendeten Mühen zu seiner (Aufrecht-)Erhaltung erträglich zu machen. Im Gegenteil, wurden die Unbeschwertheit und Sorglosigkeit der Jugendjahre für etwas geopfert, das keine wirkliche Befriedigung bietet und bieten kann.
Für Adam Smith zeigt sich Reichtum dann als Maschine, die einige, an sich wertlose, Bequemlichkeiten zustande bringen kann, aber sorgfältig in Ordnung gehalten werden muss. Und um diese zu erreichen die Anstrengungen eines ganzen Lebens nötig sein können. Erst wenn wir das scheinbar Schöne und Edle haben, sehen wir seine Geringfügigkeit, im Vergleich zu Gütern wie Gesundheit. Sowie seine eigentliche Wertlosigkeit für unsere Glückseligkeit. Die ursprüngliche Täuschung über die enorme Befriedigung durch Reichtum weckt aber den Ehrgeiz in uns.
In dem Wohlbefinden des Körpers und dem Frieden der Seele sind Arme und Reiche jedoch gleichauf. Ferner teilen sie die gleiche Liebe zur Ordnung und Schönheit.
Gemeinsinn und Menschlichkeit
Wenn sich jemand um die Verbesserung des Rechts, der Verwaltung, des Handels oder öffentlicher Angelegenheiten bemüht, dann tut er dies vor allem aus dem Gefühl der Genugtuung für die Vervollkommnung eines Verwaltungssystems, der Ausbreitung des Handels und dergleichen. Jedoch nicht aus Sympathie für die Geschäftsleute und Hersteller und weder aus der Sympathie für die Profitierenden, noch aus Mitgefühl für die, die vormals Nachteile hatten. Es geht vielmehr um die Verbesserung des Systems, des großen Ganzen, das uns umgibt und dessen Teil jeder von uns ist. Bis jemand dies erreicht hat, wird er nicht ruhen und dafür alle Mühen auf sich nehmen. Denn er tut dies aus Gemeinsinn heraus.
Nach Adam Smith bieten Bequemlichkeit und Komfort keinen richtigen Anreiz sondern erst der Gedanke an ein ausgeklügeltes System in bester Ordnung, voller Funktionstüchtigkeit und hoher Zweckmäßigkeit. Denn diese beeindrucken die Menschen weitaus mehr. Ein System in Harmonie und ein Zustand der Reibungslosigkeit.
Aus Systemgeist, Liebe zur Kunst und zu Erfindungen schätzen wir die Mittel oft mehr als den Zweck. Die Absicht ein System zu verbessern wiegt höher als jene, mehr Glückseligkeit unter den Menschen zu schaffen. Menschen mit großem Gemeingeist sind nicht notwendigerweise auch “menschlich” oder von Nächstenliebe geprägt. Andersherum gibt es Menschen, die viel Nächsten- und Menschenliebe zeigen, aber kaum Gemeingeist besitzen. An den Gemeinsinn eines Menschen zu appellieren ist weitaus effektiver und motivierender als an den Sinn der Nächsten- und Menschenliebe.
Gemeinsinn und Menschlichkeit sind nicht immer in einem Menschen vereinigt. Menschlichkeit besteht nur in einem feinen Mitgefühl, das ein Zuschauer den Empfindungen des Betroffenen hat. Zudem erfordert Menschlichkeit keine Selbstbeherrschung und keine große Anstrengung des Gefühls für sittliche Richtigkeit. Es ist ein Gefühl von Sympathie. Anders beim Edelmut. Indem wir anderen Menschen vor uns selbst den Vorzug geben und ein wichtiges eigenes Interesse einem gleichen Interesse eines Freundes opfern, zeigen wir uns edelmütig.
Die Charaktere der Menschen können die Glückseligkeit der Individuen und der Gesellschaft fördern oder hemmen. Gemeinhin entsteht Schönheit durch Nützlichkeit während Schädlichkeit aus Hässlichkeit (im Sinne der Unvollkommenheit oder Schlechtigkeit) erwächst. Charakterzüge sind mit Schönheit und Hässlichkeit vergleichbar und daraus leitet sich der Nutzen oder Schaden für andere Individuen oder eine Gemeinschaft ab. Beispielsweise ist eine schlechte Regierung nicht zum Schutz gegen Verbrechen und Missstände imstande.
Nur Eigenschaften, die dem Besitzer oder seinen Mitmenschen nützlich und angenehm sind, werden als tugendhaft gebilligt. Und nur unnütze, unangenehme Eigenschaften als lasterhaft missbilligt. Wenn wir Tugend und Laster jedoch in allgemeiner Weise betrachten, dann schwinden die Eigenschaften, welche die Empfindungen hervorrufen und die Empfindungen werden weniger deutlich erkennbar.
Adam Smith zufolge sei der Anblick von Nützlichkeit oder Schädlichkeit die Hauptquelle für Billigung und Missbilligung. Die Schönheit der Nützlichkeit und die Hässlichkeit der Schädlichkeit verstärken die Gefühle von Billigung und Missbilligung. Das Gefühl der Billigung trägt ein Gefühl von Richtigkeit einer mit Nützlichkeit verbundenen Gesinnung in sich.
Verstand, Vernunft und Klugheit
Die für uns wichtigsten Eigenschaften bilden überlegener Verstand und Vernunft, da sie uns befähigen die Folgen unserer Handlungen zu erkennen und Vorteile wie Nachteile zu antizipieren. Diese Fähigkeiten helfen uns darüber hinaus Selbstbeherrschung zu wahren, Durststecken zu überwinden und Schmerzen zu ertragen um künftige bessere Zustände zu erreichen oder größerem Schaden zu entgehen. Darin besteht die Tugend der Klugheit und sie ist von allen die nützlichste für den Einzelnen. Höherer Verstand und Vernunft werden nicht nur als nützlich und vorteilhaft gebilligt, sondern als richtig und angemessen. Daher werden Wissenschaften werden als richtig und angemessen angesehen ohne dass wir den Nutzen ihrer Untersuchungen genau verstehen oder nachvollziehen können.
Selbstbeherrschung ist sittlich richtig und nicht nur nützlich. Die zukünftige Freude der jetzigen, sofortigen Befriedigung zu opfern scheint uns töricht und unbesonnen. Umgekehrt erhält Selbstbeherrschung Bewunderung. Daher erhalten auch Beharrlichkeit und Genügsamkeit so große Hochachtung. Diese Ansicht vom Interesse und Glück eines Beharrlichen, die sein Verhalten lenken, deckt sich mit unserer Vorstellung davon. So dass es eine vollkommene Übereinstimmung zwischen seinen und unseren Empfindungen gibt. Da wir sonst sehr oft die Schwächen der menschlichen Natur erleben, billigen wir das Verhalten eines Beharrlich-Genügsamen nicht nur, sondern bewundern es.
Und nur in diesem Bewusstsein können wir einen Menschen zu einem derartigen Verhalten ermuntern. Ohne das Gefühl der sittlichen Richtigkeit und durch das Bewusstsein Achtung und Billigung von Seiten anderer zu verdienen, könnten wir einen Zustand des Glücks in 10 Jahren niemals einer gegenwärtigen, sofortigen Befriedigung vorziehen. Von der Übereinstimmung der Neigungen des Handelnden und des Zuschauers hängen Achtung und Billigung ab.
Im Fall von Edelmut haben wir ein größeres Gefühl für etwas, das den anderen betrifft und weniger für das, was uns selbst angeht. Der Edelmütige betrachtet dabei die entgegengesetzten Interessen nicht aus ihrer Perspektive, sondern aus der Sicht des anderen (aus der Sicht des unparteiischen Zuschauers). Sobald wir uns bemühen so zu handeln, dass wir Bewunderung und Anerkennung verdienen, sind wir bereitwilliger unsere (oft kleinmütigen) Interessen zu opfern um die größeren eines anderen zu sichern. Auch hier nimmt der Handelnde die Sicht des unparteiischen Zuschauers ein. Daher versuchen wir in Übereinstimmung mit den Ansichten eines unparteiischen Zuschauers zu handeln.
Unsere Bewunderung gründet sich oft auf die edle sittliche Richtigkeit einer Handlung, die ein Opfer erfordert, und nicht so sehr auf die Nützlichkeit einer Handlung. Wenn wir aber ihre Nützlichkeit beachten, dann erhält ihre Schönheit unsere Billigung. Die Schönheit wird nur von solchen Menschen erkannt, die viel nachdenken und ist keine Eigenschaft, die die Empfindungen der großen Menge befürwortet.
Der Mensch ist ein Gesellschaftstier. Daher fühlen Menschen ohne Verbindung zu einer Gesellschaft nicht die Billigung für die Schönheit nützlicher Gegenstände und auch nicht die Abneigung für unvollkommene Erfindungen. Erst mit einer Sozialisierung kommt Sympathie für Absichten und Handlungen sowie Billigung für Empfindungen und Affekte zustande. Während Schönheit uns berührt, stößt uns Hässlichkeit ab. Freude kommt ins uns auf, wenn jemand eine Belohnung verdient und vor Strafe zurückschrecken. Alle diese Gefühle basieren auf der Vorstellung eines inneren Richters, der sie fühlt und nur aus Sympathie mit den Entscheidungen dieses Schiedsrichters über das Verhalten einer Person können wir Selbstbilligung und Selbstverurteilung erleben.
Quellen
Textgrundlage: Theorie der ethischen Gefühle, TEG IV, 307-330: Über den Einfluss der Nützlichkeit auf das Gefühl der Billigung.
In meinem letzten Beitrag habe ich euch den 1. Teil der Theorie der ethischen Gefühle (kurz: TEG; engl.The Theory of Moral Sentiments) vorgestellt. Dabei ging es um Sympathie und ethische Gefühle. Menschen können untereinander und zueinander von Natur aus eine Verbindung auf der Gefühlsebene herstellen. Dies gelingt über die Sympathie. Im ersten Teil beschreibt Smith, was Sympathie ist, welches Prinzip ihr zugrunde liegt, wie sie funktioniert und nicht zuletzt, welchem Zweck sie dient. Heute geht es um‘Verdienst und Schuld’. In diesem zweiten Teil des Buches untersucht Adam Smith welchen Grundsätzen das menschliche Empfinden von Verdienst und Schuld folgt.
Welchen Grundsätzen folgt das menschliche Empfinden von Verdienst und Schuld? (Foto von Keenan Constance von Pexels).
Über Verdienst und Schuld
Von den Gegenständen für Belohnung und Bestrafung
Wenn Adam Smith von Verdienst und Schuld spricht, meint er eigentlich die Lobenswürdigkeit und Strafwürdigkeit einer Handlung. Doch können wir die Bewertung einer Handlung oder Gemütsbewegung zweierlei vornehmen: Und zwar sowohl in Beziehung auf die Ursache bzw. den Gegenstand als auch auf den Zweck oder die Wirkung, die sie hat. Adam Smith zufolge, hängt es von der Angemessenheit bzw. Unangemessenheit, Verhältnis- oder Unverhältnismäßigkeit ab, die eine Gemütsbewegung gegenüber der Ursache oder dem Objekt hat, ob die daraus entstehende Handlung schicklich oder unschicklich und wohlanständig oder unanständig ist. Je nachdem, ob eine Gemütsreaktion eine wohltätige oder schädliche Absicht hat, hängt der Verdienst bzw. die Schuld und die Lohn- oder Strafwürdigkeit der Handlung ab, die der Absicht folgt.
Da Handlungen aus Dankbarkeit Belohnung verdienen, würde solchen aus Vergeltung Bestrafung folgen. Während das Gefühl, jemanden belohnen zu wollen, Dankbarkeit ist, wäre es Vergeltungsgefühl jemanden bestrafen zu wollen. Nachdem wir eine Handlung, die wir als Vergeltungsgefühl einordnen, strafwürdig scheint, ist eine Handlung belohnenswert, die für uns Dankbarkeit ausdrückt. Lohn und Strafe treiben uns stärker an, über Glück und Elend anderer zu urteilen und diese zurückzuzahlen als andere Affekte. Unser Dankbarkeitsgefühl jemandem gegenüber verlangt, dass unser Dank ihm gegenüber ausgedrückt wird und er dadurch zu Glück kommt. Solange wir dem anderen unsere Dankbarkeit nicht gezeigt und ihm Glück beschert haben, fühlen wir uns in der Schuld.
Fische könnten sich glücklich schätzen Gefühle wie Schuld und Vergeltung nicht zu fühlen (Photo by Jeremy Cai on Unsplash).
Abneigung, Vergeltung und Reue
Anders bei Hass und Abneigung: Zwar mag uns das Unglück des anderen zufriedenstellen, aber beteiligt daran sein möchten wir nicht. Insofern kein Vergeltungsgefühl mitspielt. Vergeltungsgefühl erweckt den Wunsch, selbst Strafe auszuüben. Wegen des Unrechts, das der andere uns direkt oder indirekt angetan hat. Zudem reicht es nicht, dass dieser bestraft wird. Denn er muss für seine Tat bestraft werden, so dass er aufgrund seiner Handlung Reue empfindet. Gesetzliche Strafe funktioniert deshalb, das sie ein abschreckendes Beispiel ist, obwohl sie eigentlich auf Einsicht und Besserung des Gesetzesbrechers abzielt.
Während Verdienst mit Dankbarkeit einher geht, folgt auf Schuld oftmals Reue (Photo by twinsfisch on Unsplash).
Gegenstände der Dankbarkeit und Vergeltung
Schicklich, also angemessen, erscheinen uns nur solche Affekte, also Gefühle, die bei einem unparteiischen Zuschauer Sympathie hervorrufen und solange ein Augenzeuge vollkommen mitfühlen kann. Deshalb erscheint es, dass uns eher diejenige Handlung belohnenswert, die auch allgemein belohnt werden würde. Und demgemäß erscheint uns eine Handlung strafenswert, die gemeinhin so beurteilt würde.
Es gibt Bilder und Szenen, die in fast jedem Menschen Glück, Freude und Sympathie hervorrufen (Photo by Alex Alvarez on Unsplash).
Verdienst und Mitgefühl
Wenn wir jemanden sehen, der z.B. Hilfe bekommt, sympathisieren wir mit dessen Freude und verstärken unser eigenes Mitgefühl mit seiner Dankbarkeit dem Helfenden gegenüber. Da wir die Neigung des Geholfenen teilen, empfinden wir seine Gegenleistungen als schicklich und angemessen.
Wenn wir mit dem Kummer eines Mitmenschen sympathisieren, teilen wir auch seine Abneigung gegen die Ursachen seiner Notlage. Und genauso angemessen erscheinen uns die Maßnahmen um sich aus dieser Lage zu befreien. Vor allem wenn ein Mensch die Ursache ist (z.B. ein Angreifer), trägt unsere Sympathie dazu bei, unser Mitgefühl mit dem Vergeltungsgefühl des Leidenden zu verstärken. Falls dieser Mensch zu Tode kommen sollte, sympathisieren wir sowohl mit den Gefühlen der Hinterbliebenen als auch mit jenen, die der Tote nicht mehr haben kann (z.B. sein Leiden, sein Vergeltungsgefühl).
Wenn mir mit dem Leid eines Menschen sympathisieren, neigen wir dazu, uns mit ihm gegen die Ursache seiner Notlage zu verbünden (Photo by twinsfisch on Unsplash)
Verdienst und Missbilligung
Generell haben wir wenig Sympathie mit der Dankbarkeit einer Person, die eine Wohltat nach unserem Ermessen nicht verdient hat. Zudem haben wir keine Sympathie mit dem Vergeltungsgefühl eines Menschen, der Schaden aus einer Absicht heraus erleidet, die wir nicht missbilligen. Falls in der Absicht jemandem Schaden zugefügt zu haben, nichts Unschickliches oder Unrichtiges lag, sympathisieren wir nicht mit dem Vergeltungsgefühl des Geschädigten. Demgemäß sympathisieren wir auch nicht mit der Dankbarkeit eines Menschen, der Hilfe aus einer Absicht heraus erhalten hat, die wir nicht schicklich finden. Ergo, Sympathie ist nicht möglich mit Affekten, die eine Reaktion auf Handlungen sind, die uns nicht schicklich erscheinen (z.B. Wohltaten aus Opportunismus, Ego, Image).
Wurde hingegen ein Schaden an einem Menschen mit einer Absicht erzeugt, die uns schicklich erscheinen, sympathisieren wir nicht mit dem Vergeltungsgefühl des Geschädigten. Dann hat der Geschädigte unseres Erachtens kein Recht auf Vergeltung. Z.B. teilt das Vergeltungsgefühl eines zum Tode verurteilten Mörders demnach nicht unser Mitgefühl. Solange das Leid nicht größer ist, als jenes, das wir selbst ihm gewünscht hätten.
Analyse von Verdienst und Schuld
Das Gefühl der Verdienstlichkeit bildet sich sowohl aus der indirekten Sympathie des Dankbaren gegenüber, als auch der Sympathie den Motiven des Helfenden gegenüber. Es sind die auf Sympathie beruhenden Empfindungen der Dankbarkeit und Liebe dem Handeln aus Wohltätigkeit gegenüber, die das Gefühl der Verdienstlichkeit und Lobenswürdigkeit entstehen lassen. Wenn wir die Absichten des Handelnden nicht missbilligen, können wir auch nicht mit dem Vergeltungsgefühl des Betroffenen sympathisieren. Vergeltung gilt gemeinhin eher als zu verabscheuender Affekt und Dankbarkeit eher als liebenswürdig. Sobald jedoch unverdiente Bosheiten vorausgingen oder Reaktionen herausgefordert wurden, sind Strafen gesellschaftlich angemessen und sogar erwünscht.
Darüber hinaus hängt es nicht vom Vorhandensein oder dem Ausmaß der Dankbarkeit eines Geholfenen ab, ob ich selbst Verdienstlichkeit empfinde, sondern ob der Helfende schickliche Absichten hatte.
Das rechte und das eigene Maß
Adam Smith analysiert ferner die Grundsätze, nach denen der Mensch als unvollkommenes und schwaches Wesen Bestrafung billigt. Denn wir können dennoch mit Vergeltungsgefühl sympathisieren, wenn die Art und das Ausmaß der Bestrafung nicht jenes übersteigt, die wir selbst bemessen würden. D.h. unsere Gefühle müssen mit denen des anderen deckungsgleich sein und diese rechtfertigen. Da die meisten Menschen aber unfähig sind, Vergeltung zu zügeln und herabzuregulieren, sympathisieren wir umso stärker mit jemandem, der sich selbst beherrschen kann.
Auch Unmut und Verdruss haben für jeden von uns ein bestimmtes Maß, unabhängig davon, ob jemand Schuld trägt (Foto von omar alnahi von Pexels)
Auch mit dem Unmut und Verdruss eines Leidenden können wir nicht sympathisieren, wenn diese unser Maß überschreiten. Denn wir stimmen in diesem Fall dem Vergeltungsgefühl desjenigen zu, der zur Zielscheibe des ungerechtfertigten Vergeltungsgefühls des Leidenden wurde. Die Billigung der Schicklichkeit erfordert, dass ich a) mit dem Handelnden sympathisiere, also mit seinen Absichten und b) dass, er sich auch in seinem Handeln angemessen verhält.
Quellen
Über das Gefühl für Verdienst und Schuld, Adam Smith (aus Theorie der ethischen Gefühle: TEG II, Abschnitt 1, Kapitel 1 – 5).
spektrum.de: METZLER LEXIKON PHILOSOPHIE: Prinzip der Anteilnahme, 2008 Springer-Verlag Deutschland GmbH.
C. Gilligan: Die andere Stimme. Lebenskonflikte und Moral der Frau. München 1984.
adamsmith.org: The Theory of moral sentiments. Adam Smith Institute, aufgerufen am 03.05.2020.
In meinem letzten Beitrag habe ich über die schottische Aufklärung und einen der wesentlichen Aufklärer, Adam Smith, berichtet. Vielen ist er eher als wegweisender Ökonom 18. Jhd. bekannt. Noch lange bevor er seine Karriere als Wirtschaftswissenschaftler begann, hat er sich als Moralphilosoph mit Sympathie beschäftigt. Sein erstes Hauptwerk, dieTheorie der ethischen Gefühle (kurz: TEG; engl.The Theory of Moral Sentiments) war bereits bei ihrer Veröffentlichung 1759 ein voller Erfolg. Darin beschreibt Smith, dass der Mensch zu anderen Menschen von Natur aus eine Verbindung auf der Gefühlsebene herstellen kann: Und zwar mithilfe der Sympathie. Wie sehr der Mensch über Sympathie funktioniert, möchte ich euch in mehreren Beiträgen vorstellen. Hier und heute geht es um den ersten Teil des Buches; ‘Über Sympathie und ethische Gefühle’.
Kurz vorab: In seinem Buch verwendet Adam Smith häufig den Begriff ‘Affekt‘. Damit meint er jede Art von Gefühl und Gemütsbewegung, die beim Menschen entstehen können. Nicht umsonst sprechen wir von sog. ‘Affekthandlungen’, wenn Handlungen relativ unbeherrscht und aus Gefühlen heraus entstehen.
Vom Prinzip der menschlichen Anteilnahme
Das Prinzip, das der Anteilnahme des Menschen an anderen Menschen zugrunde liegt, ist damit verbunden, dass er sich als Zeuge der Glückseligkeit anderer an eben dieser erfreuen möchte. Sympathie ist unser Mitgefühl mit jeder Art von Affekten bzw. Gefühlsbewegung unseres Gegenübers, während Erbarmen und Mitgefühl lediglich den Kummer des anderen betreffen. Über unsere Vorstellungskraft können wir uns ein Bild der Empfindungen anderer machen und der Lage, in der sie sich befinden.
Sympathie wird weniger durch einen Affekt selbst hervorgerufen, sondern durch den Betrachtung oder die Kenntnis der Situation, die den Affekt verursacht hat. Dies bedeutet, dass, solange wir nicht wissen, was jemandem passiert ist, hält sich unsere Sympathie oder Mitgefühl für sein Leiden noch gering. Natürlicherweise sympathisieren wir eher mit jenen die sich zur Wehr setzen als mit jenen, gegen die sich die Vergeltung oder der Zorn richten. Vorausgesetzt, wir können den Grund für die Vergeltung nachvollziehen. Affekte können aber auch übertragen werden, z.B. erzeugen kummervolle Mienen auch beim Zuschauer Kummer.
Kummer und Vergeltungsgefühl verlangen stärker nach Trost durch Sympathie als Freude (Image by Free-Photos from Pixabay.com).
Wie funktioniert Sympathie?
Da der Mensch nicht uneigennützig ist, geschieht Sympathie nicht uneigennützig. Wir freuen uns, wenn wir jemanden bereichern und eine Freude machen konnten. Darüber hinaus gefällt es uns, wenn uns andere bemitleiden und gleichermaßen kränkt es uns (und unser Ego), wenn es niemand tut, wir uns aber für bemitleidenswert halten. Zudem kränkt es uns, wenn wir die Sorge und den Kummer eines anderen nicht teilen bzw. nachempfinden können. In diesen Fällen nehmen wir den Betroffenen in seinem Affekt nicht ernst (genug), er erscheint uns ängstlich und schwach.
Sympathie ist nicht ganz uneigennützig: Erfreuen wir jemand anderes, freut uns das auch (Image by Free-Photos from Pixabay.com).
Paradox erscheint, dass Sympathie Freude verstärkt, Kummer hingegen nicht, sondern stattdessen erleichtert. Dies geschieht deshalb, weil wir im kummervollen Zustand nicht aufnahmefähig für Kummer sind, sondern eher für andere (positive) Empfindungen. Da Kummer und Vergeltungsgefühl stärker nach Trost durch Sympathie verlangen als Freude, überwiegt die Erleichterung durch die Sympathie und Anteilnahme unseres Gegenübers. Können wir mit einem Affekt nicht sympathisieren, passt unsere Gemütsbewegung nicht zum Affekt. In diesem Fall bewerten wir die Ursache des Affekts als unbedeutend und die Reaktion darauf (also den Affekt selbst) als übertrieben. Dabei gehen wir von dem aus, was uns angemessen erscheint, wenn wir jemand anderen beurteilen.
Sympathie von anderen Menschen kann unsere eigene Freude verstärken (Image by Mabel Amber from Pixabay.com).
Generell sympathisieren wir eher mit den Menschen, die ihre Affekte würdevoll zeigen können. Einfach ausgedrückt, mit Menschen, die nicht von ihren Gefühlen beherrscht werden. Zudem löst es Sympathie in uns aus, wenn Menschen ihre Affekte so herunterregulieren können, dass jeder Gegenüber sie nachfühlen könnte. Wut und Zorn sind generell Affekte, die abstoßend wirken, wenn man ihnen freien Lauf lässt.
Welche Voraussetzungen gibt es?
Vor allem feinfühlige Menschen neigen zu Sympathie und können am ehesten nachfühlen wie es einem Anderen geht oder welche Schmerzen er hat. Zudem braucht Sympathie eine Übereinstimmung: Wenn die Affekte eines anderen mit meiner Gemütsreaktion darauf übereinstimmen, scheinen mir seine Affekte angemessen. In der Folge sympathisiere ich mit ihnen. Adam Smith verwendet für ‘angemessen’ auch die Begriffe ‘sittlich’ und ‘schicklich’. Wenn meine Sympathie so groß ist wie der Kummer des anderen, wird er sich in seinem Kummer bestätigt fühlen, d.h. dieser erscheint auch ihm angemessen.
Gefühle können ansteckend sein und Sympathie zum anderen herstellen (Photo by Sam Manns on Unsplash.com).
Je nachdem, wie hoch der Grad an Übereinstimmung zwischen dem Affekt des anderen und meiner Gemütsbewegung ist, wird mein Gegenüber meine Sympathie mehr oder weniger missbilligen oder schätzen. Dennoch kann ich mit der Gemütsbewegung anderer sympathisieren, auch wenn sie nicht zu meiner eigenen passt, da ich vielleicht gerade nicht in der Stimmung zur Freunde bin oder gedanklich zu belegt, als dass ich Anteil nehmen könnte an Zuständen von Trauer oder Sorge. Gleichermaßen kann ich ein Lachen ohne meine (emotionale) Beteiligung deshalb billigen, da ich weiß, dass dieses in einer derartigen Situation angemessen wäre.
Beziehungen und Gegenstände
Auch Gegenstände, können Sympathie auslösen. Zum einen, wenn eine Beziehung zu ihnen besteht (persönliches Erlebnis) und zum anderen, wenn sie beziehungsneutral sind (z.B. Gemälde). Besteht keine Beziehung der Beteiligten zum Gegenstand, kann es trotzdem zu Sympathie kommen. U.a. deshalb, weil man der gleichen Meinung ggü. dem Gegenstand ist. Auch im Falle einer unterschiedlichen Ansicht zum Gegenstand kann es zu Sympathie kommen. Und zwar deshalb, weil der Gegenstand in keiner Beziehung zu den Beteiligten steht. Anders ist es bei Gegenständen, zu denen eine Beziehung besteht. Falls hier die Übereinstimmung der Gemütsregung oder des Urteils darüber fehlt, wird langfristig kein Gespräch mehr (zu diesem Thema) möglich sein.
Nimmt jemand nicht Anteil an Dingen, die uns wichtig sind, kann er nicht mit unserer Sympathie rechnen (Photo by Lesly Juarez on Unsplash.com).
Damit überhaupt eine Übereinstimmung zu einem bedeutungsvollen Gegenstand zustande kommt, muss sich der Zuschauer bzw. Zuhörer um Empathie für den Betroffenen bemühen. Jedoch trösten Empathie und Mitleid, aber der Betroffene muss seinen Affekt immer noch bis zu dem Punkt herunter regulieren, an dem der Zuhörer mitfühlen und Anteilnahme empfinden kann. Nur dann kommt es zu einer ausreichenden Übereinstimmung der Gemütszustände (Harmonie der Gesellschaft) und zum maximal möglichen Trost für den Betroffenen. Generell billigen wir das Urteil eines anderen allein aus dem Grund, dass es mit dem unsrigen übereinstimmt und löst deshalb Sympathie in uns aus.
Indem die Sympathie gegenüber Affekten unsere Beziehungen zu und mit anderen Menschen regelt, können wir einordnen, mit welchen Menschen wir uns umgeben möchten und welche wir meiden sollten. Über unsere Sympathie erkennen wir, welche Menschen uns bereichern und welche uns eher Energie abverlangen. Indem die Vollkommenheit der menschlichen Natur besagt, dass wir viel für andere und wenig für uns selbst fühlen sollen, wären selbstzentrierte Handlungen zu beherrschen, Affekte zu kontrollieren und nur anerkennende Aussagen zu machen. Im Christentum geht man noch weiter. So heißt es, wir sollen unseren Nächsten nicht weniger lieben als uns selbst und uns selbst nur soviel wie unseren Nächsten. Ergo, sollten wir uns keinesfalls mehr lieben als unseren Nächsten.
Wie sieht die Sympathie mir selbst gegenüber aus, wenn ich mich dem Maßstab anderer gemäß lieben soll? (Photo by Jude Beck on Unsplash.com)
Adam Smith spinnt diese Aussage weiter und sagt, “wir sollten uns nur soviel lieben wie unser Nächster in der Lage ist uns zu lieben”. Dies könnte mehr oder weniger Anerkennung von Seiten meines Gegenübers für mich bedeuten. In jedem Fall sollten wir akzeptieren, dass jemand uns nicht mehr lieben kann als er es eben tut. Oder uns nicht so viel Liebe entgegenbringen kann, wie wir selbst es für uns können. Hierbei geht es darum, dass wir die Handlungen und Gemütsbewegungen anderer nicht mit unserem eigenen Maßstab bewerten sollten. Und anstatt von anderen die bestmögliche Handlung oder Reaktion zu erwarten, sollten wir eher Maßstab einer durchschnittlich zu erwartenden Handlung oder Reaktion anwenden. Dann sind wir mit dem Ergebnis immer zufriedener als nach einer Bewertung mit dem Maßstab der absoluten Vollkommenheit.
Quellen
Über die Schicklichkeit oder sittliche Richtigkeit von Handlungen, Adam Smith (aus Theorie der ethischen Gefühle: Teil I, 1. Abschnitt, Kapitel 1 – 5).
spektrum.de: METZLER LEXIKON PHILOSOPHIE: Prinzip der Anteilnahme, 2008 Springer-Verlag Deutschland GmbH.
C. Gilligan: Die andere Stimme. Lebenskonflikte und Moral der Frau. München 1984.
adamsmith.org: The Theory of moral sentiments. Adam Smith Institute, aufgerufen am 03.05.2020.
“Bitter macht gesund”. Und dass das tatsächlich so ist, darum soll es in diesem Beitrag gehen. Nachdem ich euch gezeigt habe, wie man aus Bananen mit Schale einen leckeren Smoothie macht und warum Bananenschalen so wertvoll sind, sei heute der Gewöhnliche Löwenzahn (Taraxacum officinale) präsentiert. Als in Mitteleuropa beheimatete Pflanzenart blüht er von April bis Mai. Weil er damit relativ früh im Jahr zur Blüte kommt, ist er eine wichtige Bienenweide. Auch für uns Menschen ist er eine wertvolle Pflanze. Viel Spaß beim Lesen! Und sammeln.
Bitterstoffe zum Löffeln: Ein grüner Smoothie mit selbst gesammelten Löwenzahnblättern und -blüten.
Für Teller und Tasse
Sowohl die Blüten der Pflanzen als auch die Stiele und Blätter können verwendet werden. Während die Blüten zu einem honigähnlichen Sirup oder Gelee verarbeitet werden können, eignen sich die Blätter und Wurzeln als Salat oder gekocht. Zudem wurde, statt Zichorienwurzel (Cichorium intybus) zu verwenden, in der Nachkriegszeit aus den getrockneten und gerösteten Wurzeln des Löwenzahns ein Ersatzkaffee hergestellt (taz.de, 14.04.2014).
Gebleichter Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) im Gemüsegeschäft angeboten (Bild von commons.wikimedia.org, Fotograf: Usien, 09.05.2010).
Löwenzahnkaffee
Je eine Handvoll Löwenzahnwurzeln und Zichorienwurzeln sammeln und waschen. In Stücke schneiden und auf einem Backblech ausgelegt im Ofen bei 50 °C ungefähr 1,5 Stunden lang trocknen. Anschließend bei 225 °C ca. 15 min. lang ohne Fett rösten. Dabei mehrmals wenden und abkühlen lassen. Mit einer Mühle zu Pulver zermahlen. Für eine Tasse Ersatzkaffee einen Teelöffel Pulver mit brühendem Wasser übergießen.
Da die Hauptwirkstoffe Bitterstoffe der Gruppe Sesquiterpenlactone (Tetrahydroridentin B, Taraxacolid-β-D-glucosid u.a.), kann Löwenzahn die Verdauung anregen. Außerdem enthält Löwenzahn Triterpene (Taraxasterol und -derivate) sowie Kalium (bis zu 4,5 %) als auch Inulin (bis zu 40 %). Zhang et al. (2012, 2014) wiesen in zwei Studien einen entzündungshemmenden Einfluss des Löwenzahn-Taraxasterole in Mausmodellen und einkernige Zellen in Mäusen nach. Zudem wurde eine leberschützende (hepatoprotektive) Wirkung der Sesquiterpenlactone bei Mäusen nachgewiesen (Mahesh et al., 2010) sowie chemoprotektive Tendenzen von Taraxasterol (Ovesná et al., 2004).
In vitro – Versuche konnten nachweisen, dass ein Extrakt aus Löwenzahnwurzeln die Aktivität von Zellen des Primären Leberzellkarzinom (wiss. Hepatozelluläres Karzinom) hemmen kann (MENGHINI et al. 2010). Auch die Freisetzung von Prostaglandin E2, einer chemischen Verbindung, die bei oxidativem Stress gebildet wird, konnte verringert werden (MENGHINI et al. 2010). Laborversuche zeigten, dass Extrakte aus Löwenzahnblüten, -blättern und -wurzeln das Größenwachstum und die Aktivität von Prostata- und Brustkrebszellen hemmen können (Sigstedt et al., 2008), während das reine Wurzelextrakt wirksam gegen Leukämiezellen (Ovadje et al., 2011) und Pankreaskrebszellen (Ovadje et al., 2012) war. Im Tierversuch zeigte sich eine leistungssteigernde Wirkung nach der Gabe eines Löwenzahnextraktes, wobei ein verzögertes Absinken der Blutzuckerwerte bei gleichzeitigem verzögertem Anstieg der Triglycerid– und Lactatwerte auffiel.[20] Zudem soll Löwenzahn vielversprechend in der Prävention gegen Typ-2-Diabetes sein, danke seinen anti-diabetischen Eigenschaften (Wirngo et al., 2015).
Als wichtiger Teil der hiesigen Ruderalflora ist Löwenzahn oft im urbanen Raum zu sehen.
Häufig sieht man Löwenzahn in Pflanzengesellschaften gemeinsam mit Gänseblümchen (Bellis perennis) wachsen.
Das nächste Mal vielleicht Gänseblümchen anstelle von Löwenzahn im Smoothie?
In der Heilkunde wird die Pflanze sowohl bei Appetitmangel, Verdauungsbeschwerden als auch bei Völlegefühl wird die Pflanze angewendet. Sowie bei Blähungen oder bei Störungen beim Gallenabfluss. Zudem soll Löwenzahn eine harntreibende bei entzündlichen Erkrankungen haben.
Löwenzahn als Kautschukersatz
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Löwenzahn in Russland und im Deutschen Reich als Kautschukersatz verwendet. Denn im milchig-weißen Löwenzahnsaft steckt Kautschuk. Dem Molekularbiologe Dirk Prüfer von der Universität Münster zufolge, enthalte der in Deutschland heimische Löwenzahn enthalte jedoch nur geringe geringe Mengen davon”. Doch der in Kasachstan wachsende, verwandte Russische Löwenzahn(Taraxacum kok-saghyz) soll 36 % Kautschuk i.d.Tr. enthalten (Kölner Stadt-Anzeiger, 31.10.2008). Naturkautschuk wird aus dem genannten Milchsaft (sog. ‘Latex’) des Gummibaums (Hevea brasiliensis) gewonnen. Nachdem die Japaner große Anbaugebiete Südostasiens übernahmen, stiegt das Interesse am eigenen Anbau in den USA, Russland und in Deutschland. In diesem Rahmen leisteten viele Gefangene in Zwangsarbeit im KZ Auschwitz in der 1942 eingerichteten Forschungsstation für Pflanzenkautschuk (bio-ökonomie.de, 19.07.2011; awl.ch, 12.01.2020). Und nun gehen wir über zum Rezept!
Und das brauchst du
2 Handvoll Löwenzahnblätter und -blüten (gewaschen, tiefgefroren)
200 g Brokkoli und Blumenkohl (in Röschen, Tiefkühlware)
4 TL Leinsamen, geschrotet
1 gr. Banane, mit Schale (in Scheiben & tiefgefroren) (Bio & Fair Trade)
15 g Proteinpulver, Vanille flavour
1 Prise Zimt
15 g gesalzene Erdnüsse
ca. 200 ml Wasser oder nach Belieben
Stevia oder anderes Süßungsmittel (optional)
Bitterstoffe zum Löffeln: Ein grüner Smoothie mit selbst gesammelten Löwenzahnblättern und -blüten.
So wird es gemacht
Um einen homogenen Smoothie zu erhalten ergibt, feste und flüssige Zutaten zusammen in einen Messbecher (1 L) geben. Dabei jedoch darauf achten, die gefrorenen Zutaten zuerst hineinzugeben und die flüssigen zuletzt oben hineinzugießen. Und das Ganze solange mit einem Pürierstab oder in einem Mixer bearbeiten, bis eine Creme entsteht. Nachdem der Löwenzahn tiefgefroren ist, lässt er sich ganz leicht pulverisieren und pürieren. Je nach Geschmack können alle Zutaten variiert und ausgetauscht werden.
Fertig ist der Löwenzahn-Smoothie zum Löffeln.
Quellen:
Löwenzahn Pusteblume wird zur Nutzpflanze
ksta.de:Löwenzahn Pusteblume wird zur Nutzpflanze. Kölner Stadt-Anzeiger, Kerstin Viering, 31.10.2008)
bio-ökonomie.de: Latex aus Löwenzahn, Autor: Timo Kern, 19.07.2011.
awl.ch: Pflanzenportrait: Löwenzahn – Taraxacum officinale. Heilpflanzenlexikon, Werner Arnold, 12.01.2020.
A. Mahesh, R. Jeyachandran, L. Cindrella, D. Thangadurai, V. P. Veerapur, Rao D. Muralidhara: Hepatocurative potential of sesquiterpene lactones of Taraxacum officinale on carbon tetrachloride induced liver toxicity in mice. In: Acta Biol Hung. 61, 2010, S. 175–190. PMID 20519172.
Z. Ovesná, A. Vachálková, K. Horváthová: Taraxasterol and beta-sitosterol: new naturally compounds with chemoprotective/chemopreventive effects. In: Neoplasma. 51, 2004, S. 407–414. PMID 15640948.
S. C. Sigstedt, C. J. Hooten, M. C. Callewaert, A. R. Jenkins, A. E. Romero, M. J. Pullin, A. Kornienko, T. K. Lowrey, S. V. Slambrouck, W. F. Steelant: Evaluation of aqueous extracts of Taraxacum officinale on growth and invasion of breast and prostate cancer cells. In: International Journal of Oncology. 32, 2008, S. 1085–1090. PMID 18425335.
P. Ovadje, S. Chatterjee, C. Griffin, C. Tran, C. Hamm, S. Pandey: Selective induction of apoptosis through activation of caspase-8 in human leukemia cells (Jurkat) by dandelion root extract. In: J Ethnopharmacol. 133, 2011, S. 86–91. PMID 20849941.
P. Ovadje, M. Chochkeh, P. Akbari-Asl, C. Hamm, S. Pandey: Selective induction of apoptosis and autophagy through treatment with dandelion root extract in human pancreatic cancer cells. In: Pancreas. 41, 2012, S. 1039–1047. PMID 22647733.
Mikroskopisch vergrößerte, gefrorene Kristallisationskeime von Wasser (Bild von Peter Arvell auf Pixabay.com).
Des Wassers Geheimnis
Bereits seit Ende des Jahres 2018 habe ich die Idee im Kopf einen Beitrag über das Wasser und seine Energie zu schreiben. Und schließlich vergessen. Bis ich vor wenigen Wochen ein Video auf Youtube “Die geheime Macht des Wassers” (siehe unten) entdeckte. Fakt ist, dass immer jemand profitiert: Sowohl dann, wenn die Hypothese vom “lebendigen Wasser” bestätigt werden kann, als auch dann wenn sie widerlegt wird. Indem ich eine Recherche begann, wollte ich der “Wahrheit” etwas näher kommen. Aber hier nun die Ergebnisse.
Wasser und Kristalle: Belebte Materie mit Eigenleben?
Den Anfang der (un-)beendeten Debatte um die Lebendigkeit von Wasser setzte der Japaner Masaru Emoto mit seinen Experimenten. Den Hypothesen Emotos zufolge formt Wasser, das positive Botschaften erhält optisch vollkommene Eiskristalle, während negative Botschaften zur Bildung unästhetischer Kristalle führt.
Wasser – Eine Naturgewalt voller Gegensätze: Hier mit schäumender Gischt (Bild von Dimitris Vetsikas auf Pixabay.com).
Steckbrief: Masaru Emoto
Masaru Emoto (jap. 江本 勝 Emoto Masaru; *22.07.1943 in Yokohama, Japan; †17.10.2014 in Tokio, Japan) war (Grenz-)Wissenschaftler und Mediziner im Bereich der Alternativmedizin. Seit Beginn der 1990er Jahre befasste er sich mit Wasser. Seine Hypothese, dass Wasser Gedanken und Gefühle aufnehmen und speichern könnte, studierte er mit zahlreichen Experimenten. Aber wie ging er dabei vor?
Im Versuch wurde ungefähr 1ml einer Wasserprobe auf einer Petrischale platziert. Soweit entsprach dies 50 Tropfen jeder Probe. So wurden 50 Proben derart vorbereitet. Indem die Petrischalen danach zwischen 3 und 24 Stunden im Kühlfach bei -25 bis -30°C platziert wurden, gefroren die Wassertropfen. Anschließend wurden die gefrorenen Tropfen unter dem Mikroskop bei 200-facher Vergrößerung ausgewertet (Vortrag “Das Wasser als Spiegel der Welt, Dr. Masaru Emoto, 10.04.2013 in Langenthal; “Message from Water” and Science, Vortrag von Yasuyuki Nemoto im Namen von Masaru Emoto, 2014).
Mikroskopisch vergrößerte, gefrorene Kristallisationskeime von Wasser (Bild von Peter Arvell auf Pixabay.com).
Wie oben beschrieben, sah der Versuchsansatz von Masaru Emoto vor, alle Wasserproben gleichermaßen im Gefrierschrank gefrieren zu lassen. Können in diesem Fall Parameter wie Temperatur oder Luftfeuchte die Kristallbildung unterschiedlich beeinflussen?
Grundlagen der Physik: Eisbildung und Kristallisation
Der Kristallisationsprozess von Wasser setzt bei Temperaturen ab −4 °C ein. Wobei es ab -12 °C zur Bildung der sternförmigen Kristalle (6-strahlige Dendriten oder Plättchen) kommt (Gerhard Karl LIEB, 2001/02). Damit Wasser gefriert, muss es sog. Kondensationskeime enthalten. Während “reines Wasser”, ohne Kondensationskeime, erst ab einer Temperatur von ca. -48 °C von selbst Kristalle bildet (pro-physik.de, J. Oliver Löfken, 24.11.2011). Doch abhängig von der Größe und Struktur der Keime kann Wasser jedoch bis zu −48 °C flüssig bleiben (Moore und Molinero, 2011). Da die Struktur von Wasser nur Winkel von 60° oder 120° zulässt, ist die entstehende Sechszähligkeit der Kristalle eine sehr effiziente Form zur Bildung von Schneeflocken.
Einen Überblick zur Bildung von Schneekristallen gibt ‘Das Diagramm der Morphologie von Schneekristallen’ (siehe oben), auch Nakaya Diagramm genannt. Denn es war de japanische Physiker und Glaziologe Ukichiro Nakaya (snowcrystals.com, aufgerufen am 09.04.2020), der in den 1930er Jahren die Bildung von Schneekristallen beobachtete. Sodass es ihm 1936 gelang, künstlichen Schnee unter Laborbedingungen zu erzeugen (uni-regensburg.de: 17.09.2019). Wie im Diagramm zu sehen, bilden sich die stellaren Kristalle nur in einem schmalen Temperaturbereich von -15 °C (5 °F). Während nadel- und säulenförmige Kristalle sich am ehesten bei ungefähr -6 C (21 F) finden. So tauchen gedeckelte Säulen auf, wenn sich die Temperatur verändert, währenddessen sich die Kristalle bilden.
Wasser in Sternform: Das ‘Diagramm der Morphologie von Schneekristallen’, auch Nakaya Diagramm genannt (snowcrystals.com, aufgerufen am 09.04.2020).
Die C6-Symmetrie Der Wasserkristalle
Bereits der englische Mathematiker Thomas Harriot studierte Schneeflocken. Als erster Wissenschaftler Europas entdeckte er 1591 diese C6-Symmetrie. Soweit stammt die 6-fache-Symmetrie in Schneekristallen von der Anordnung der Wassermoleküle im Eiskristallgitter.
Ein fast symmetrischer Wasserkristall mit 6-fach-Symmetrie, ein sog. Dendrit (Bild von Free-Photos auf Pixabay.com).
Die Bildung der Stammformen der Schneekristalle ist temperaturabhängig. Während sich bei tieferen Temperaturen Plättchen oder Prismen ausbilden, entstehen bei höheren Temperaturen sechsarmige Dendriten (Hellmann, 2018). Ebenso beeinflusst die Luftfeuchtigkeit das Kristallwachstum. Denn je höher die Luftfeuchtigkeit, desto komplexer werden die Schneekristalle (Hellmann, 2018). Dies bedeutet, dass bei hoher Luftfeuchte sehr feingliedrige Strukturen mit mehr Verästelungen entstehen. Hingegen, sind die Eiskristalle bei sehr niedrigen Temperaturen kleiner. Sowie weniger komplex und verwinkelt gebaut (Hellmann, 2018). Zudem ist die Symmetrie der Kristalle ein wesentlicher Parameter zur Bewertung ihrer Ästhetik.
Gefrorenes Wasser hat viele Gesichter: 12 verschiedene, 6-fach-symmetrische Schneekristalle (Bild von WikiImages auf Pixabay.com).
Verwandte Hypothesen
Der französische Mediziner Jacques Benveniste publizierte 1988 Ergebnisse darüber, dass hochgradig verdünnte Antigene weiße Blutzellen (Leukozyten) beeinflussen sollen. Doch die erwartete Wirkung konnte nicht nachgewiesen werden.
Obwohl ich im Rahmen meiner Recherche viele Quellen konsultiert habe, kann ich für mich abschließend nur ein vorläufiges Fazit treffen. Weder an der Gültigkeit der Studien und Ergebnissen von Masaru Emoto habe ich Zweifel, noch an der Tatsache, dass Wasser lebendig ist. Jedoch distanziere ich mich von menschengemachten Methoden zur Belebung von Wasser, deren Nutzen bislang scheinbar nur ökonomischer Natur war. In meinem nächsten Beitrag werde ich das Energiepotential des Wassers thematisieren.
Quellen:
wikipedia.org: Artikel zu Masaru Emoto, Stand: 13.01.2020.
“Message from Water and Science”, The 9th Annual Conference on the Physics, Chemistry and Biology of Water, Konferenzbeitrag von Yasuyuki Nemoto, 9. – 12.10.2014, Bulgaria
oliver.comedia.co.at: Schnee und Lawinen, Vorlesung von Gerhard Karl Lieb im WS 2001/02.
Moore, E., Molinero, V. Structural transformation in supercooled water controls the crystallization rate of ice. Nature 479, 506–508 (2011). https://doi.org/10.1038/nature1058. (Abstract)
Formen der Schneekristalle in Abhängigkeit von der Temperatur (nach Blüthgen und Weischet, 1980, p. 269) aus BLÜTHGEN, J. und WEISCHET, W. (1980): Allgemeine Klimageographie. De Gruyter Verlag (3., Aufl.). Berlin.
pro-physik.de: Der wahre Gefrierpunkt von Wasser – minus 48 Grad Celsius, Jan Oliver Löfken, 24.11.2011.