Prinzlich unterwegs in Lissabon

Für ein paar Tage war ich auf Kurzreise in Lissabon. Neben den Altstadtvierteln Bairro Alto und Chiado gibt es auch im Stadtviertel Príncipe Real viel zu sehen. Im ersten Teil zum Príncipe Real habe ich bereits viel davon gezeigt. Weil das Viertel sich sehr in die Länge zieht, geht es heute um das Areal in dessen Nordwesten. Wir starten die Tour heute im Nord-Westen der Stadt oberhalb des Bairro Alto. Von der Metro-Station ‘Rato’ aus geht das am Besten. Denn unterhalb der über die Rua da Escola Politécnica steht man bereits in Lissabons Príncipe Real.

Eine Kirche, Platanen und Sonnenschein - what else?: Der Platz vor der Igreja de São Mamede in Lissabons Príncipe Real.
Eine Kirche, Platanen und Sonnenschein – what else?: Der Platz vor der Igreja de São Mamede in Lissabons Príncipe Real.

Wer möchte, sei eingeladen meine Bericht zum Bairro Alto, westlichen Oberstadt sowie zum Chiado, der Unterstadt, nachzulesen.

Lissabons Príncipe Real im Nord-Westen

Obwohl Lissabons Príncipe Real perfekt zum Shoppen scheint, Liebhaber gedruckter Texte und Literatur werden hier genauso fündig. Ein ästhetischer Buchladen für Neuware befindet sich in der Rua da Escola Politécnica Nr. 225. Aber auch für Fans älterer Schriften gibt es eine Adresse. Denn ein paar Häuserblöcke weiter, in der Nr. 253, gibt es einen kleinen Buchladen für gebrauchte Bestände. Darunter hauptsächlich portugiesische, aber auch englische und ein paar deutsche Werke in großer Themenvielfalt.

Tourismus in Lissabons Principe Real & Co.

Lissabon hat in den letzten Jahren enormen Zuwachs an Touristen erlebt. Als Beispiel sei die Straßenbahnlinie 28E erwähnt: Von Reiseplattformen und -Blogs zu einem “Must-do” erhoben, gilt eine Fahrt als unumgängliche Attraktion für Touristen. Dementsprechend überfüllt kann die Bahn sein.

Neue Mieten, neue Bewohner: Nicht nur für Lissabons Príncipe Real

Doch nicht nur der Platz in der Bahn wird knapp. Viele der Altbauten aus den 1940er Jahren wurden bisher saniert. Doch heutzutage gelten andere Mieten und das Preisniveau ist stark angestiegen. Bei gleichbleibendem Auskommen. Wie die NZZ (2018) berichtete, erhalten Einheimische mitunter Renten in Höhe von 300 EURO. Auch 500 EURO seien üblich, so die Deutsche Welle im Jahr 2016. Seit der Liberalisierung des Lissabonner Wohnungsmarktes im Jahr 2012 reicht dies nicht mehr um die momentanen und künftigen Mieten zu bezahlen. Denn diese dürfen, nach jahrzehntelangem Mietpreis-Stop, wieder erhöht werden. Soweit ist der Anstieg der Touristenzahlen Teil der Ursache, wie die Berliner MieterGemeinschaft im August 2019 schrieb. Dadurch steigt auch die Zahl der Wohnungen, die als Ferienunterkünfte angeboten werden. Während sich diese oft nur zahlungskräftige Touristen, nimmt damit der Wohnraum für Einheimische ab.

Lissabons Príncipe Real: Altbauten und Neumieter?

Der Stern berichtete im Juli 2018, dass Vermieter für mind. 2000 Euro an Touristen vermieten könnten, während bei Einheimischen höchstens 800 Euro zu erwirtschaften wären. Zudem würden die Vermieter noch Steuern sparen, sobald sie an Touristen vermieteten (Deutschen Welle, 2016). Das Unternehmen Airbnb, eine Internetplattform spezialisiert auf die Vermietung von Feriendomizilen, habe dadurch allein im Jahr 2015 43 Millionen Euro verdient (dw.com, 2016).

  • Lissabon's Príncipe Real: Altbauten und Neumieter?
  • Lissabons Príncipe Real: Altbauten und Neumieter?
  • Lissabons Príncipe Real: Altbauten und Neumieter?
  • Lissabons Príncipe Real: Altbauten und Neumieter?

Doch dies betrifft nicht nur Lissabons Príncipe Real oder das Bairro Alto, sondern die gesamte Stadt. Rezent entwickelt sich das Stadtviertel ‘Alfama’ zunehmend negativ.

Exodus bald auch Lissabons Príncipe Real?

Die Vertreibung aus der Alfama

Wie bereits angedeutet, ist der Stadtteil ‘Alfama’ stark betroffen. Denn während 2018 rund 18 000 Ferienwohnungen registriert wurden, waren es 2011 noch 500. Und fast 10 000 davon liegen allein in der Alfama und zwei Nachbarvierteln (deutschlandfunk.de, 2019). Und nachdem weder Renten noch Sozialhilfe angehoben wurden, sind viele Einheimische gezwungen außerhalb der Stadt zu wohnen. So wurde 2016 berichtet, dass über 300 000 Einwohner in den letzten 30 Jahren die Stadt verlassen haben. Doch damit nicht genug: Durch den reformierten Mietschutz können Vermieter langjährigen Einwohnern nun kündigen. Viele Einheimische mit niedrigem Auskommen, auch Rentner und Sozialhilfeempfänger, müssen ihre Wohnungen aufgeben (deutschlandfunk.de, 2019).

  • Irgendwie nobel, anmutig und teilweise majestätisch: Ausgewählte Bauten einer Häuserreihe in Lissabons Príncipe Real.

Vertrauen ist gut, Kontrolle kann besser sein

Höherer Verdienst bei gleichzeitiger Ersparnis. Wie ist das möglich? Sind wirklich die Touristen das Problem, Unternehmen wie Airbnb oder fehlendes Eingreifen durch die Behörden Lissabons und die Kommunalpolitik?

Nachdem die Stadt Lissabon das Mietgesetz im Jahr 2012 liberalisiert hatten, wurde die gewerbliche Vermietung privaten Wohnraumes erleichtert. Denn heutzutage reiche eine Anmeldung beim Finanzamt sowie die Beantragung einer Lizenz (deutschlandfunk.de, 2019). Dennoch scheine es eine hohe Dunkelziffer an Vermietern zu gehen, die ohne Gewerbeanmeldung vermieten. Viele davon bleiben noch unkontrolliert. Seit April 2015 erhebt das Finanzamt zwar eine Tourismussteuer als sog. ‘Citytax’ mit 1 EURO pro Nacht. Doch auf Amtsebene gibt es dennoch keine Maßnahmen zum (Miet-)Schutz für die Einwohner (dw.com, 2016).

  • Wie Gitterstäbe - Ein Blick durch ein Geländer in Lissabons Príncipe Real.
  • Wie Gitterstäbe - Ein Blick durch ein Geländer in Lissabons Príncipe Real.

Einblick und Ausblick in die Stadtpolitik

Während Lissabons Bürgermeister Fernando Medina (seit 2015 im Amt) die Stadt zu einer Metropole des Tourismus machen möchte, lässt er die Frage auf den schwindenden Wohnraum unbeantwortet. Bis dato bleiben Forderungen bei Bürgerversammlungen ohne Reaktion von Seiten der Stadtverwaltung (dw.com, 2016). Auch Banken begrüßen das neue Geschäftsmodell. Und gewähren günstige Kredite zur Haussanierung mit künftiger Vermietung über Online-Plattformen. Denn soweit scheinen derartige Vorhaben sowohl für Banken als auch Privatvermieter lukrativ. Und solange die Leitzinsen als Teil der Niedrigzinspolitik der EZB gering gehalten werden, könnte das so bleiben.

Wo hat die Autorin übernachtet?

Während meines Aufenthaltes in Lissabon, verbrachte ich insgesamt drei ganze und zwei halbe Tage in Lissabon. Von den vier Übernachtungen verbrachte ich drei bei einem portugiesischen Gastgeber. Die Recherche und Kontaktaufnahme erfolgte über die Online-Plattform ‘Couchsurfing’ . Obwohl ich Couchsurfing super finde, wollte ich noch für eine Nacht ein hiesiges Hostel testen. Und quartierte mich hierfür im Urban Garden Hostel in Lissabons Príncipe Real ein. Nachstehend meine ‘Review’ dazu:

Sehr gute, ruhige Lage oberhalb des Stadtzentrums, nachdem die Innenstadt fußläufig und das Hostel via Metro (Station ‘Marquès de Pombal‘) erreicht werden kann. ATM und Einkaufsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe. Zudem sind Parks, die Altstadt und Kultur in der Nähe. Sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis: Gutes Frühstück inbegriffen und Nutzung einer Gemeinschaftsküche. Zudem saubere Sanitäranlagen sowie aller Räumlichkeiten bei regelmäßiger Reinigung. Und zuletzt sei das sehr freundliche internationale sowie portugiesische Personal erwähnt. Wirkliche “Nachteile” finde ich hier nicht. Denn ich fand ein sehr gut geführtes Hostel mit WIFI und großen, gemütlichen Räumen vor.

Die beschriebene Sachlage ist hart und besorgniserregend: Trotz allem reise ich gerne wieder nach Lissabon, denn ich habe die Wahl WIE ich reise (Foto: Lissabons Príncipe Real).
Die beschriebene Sachlage ist hart und besorgniserregend: Trotz allem reise ich gerne wieder nach Lissabon, denn ich habe die Wahl WIE ich reise (Foto: Lissabons Príncipe Real).

Quellen:

  • wikipedia.org: Hauptseite der ehrenamtlichen Plattform für Wissen und Information
  • nzz.ch/international: Lissabons labyrinthische Altstadt entwickelt sich zum touristischen Disneyland. Neue Zürcher Zeitung, Thomas Fischer, Lissabon, 19.06.2018
  • Berliner MieterGemeinschaft: Alles außer Kontrolle, MieterEcho 404 / August 2019, Immobilienspekulation, Tourismusboom und Verdrängung prägen die Stadtentwicklung in Lissabon, von Hannah Lorenz.
  • dw.com: WIRTSCHAFT, Lissabon: Mieter gegen Airbnb, Jochen Faget, 18.07.2016.
  • stern.de: PortugalDie Angst vorm Disneyland: Wie der Tourismus-Boom zum Problem für Lissabon wird. 05.07.2018
  • urbangardenhostel.com: Hostel bzw. “Jugend”-Herberge für Touristen und Urlauber in Lissabons Príncipe Real.
  • deutschlandfunk.de: Gentrifizierung in Lissabon – Wo Reichtum einzieht, ist für Ärmere kein Platz mehr. Von Tilo Wagner, 01.10.2019.
  • zeit.de: Wussten Sie, dass…: Verfallende Schönheit. Leise rieselt der Putz: In Lissabon war die Politik lange Mieter-freundlich. Wussten Sie, dass deshalb zahlreiche Altstadtbauten vor dem Einsturz stehen? – Von Johannes Beck, 07.12.2011.
  • bankenverband.de: Dossier >> Niedrigzinsen >> Volkswirtschaftliche Folgen, Status: 22.12.2109
  • dumontreise.de: Portugal – Lissabon erhebt Touristen-Steuer ab April. Solveig Michelsen, 20.02.2015.
  • fti.de/blog: Touristensteuer: In diesen Ländern fällt eine extra Abgabe an. Veröffentlicht von FTI Redaktion, 02.05.2018.