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Ins Dunkel und noch viel weiter

Im ersten Teil zum Licht der Dämmerung (hier nachzulesen) haben wir uns das Phänomen und den Prozess der Dämmerung angesehen. Denkanstoß und Inspiration gaben mir ein Urlaub in Rovinj (Istrien, Kroatien) (mehr dazu hier). Da ich neben der Fotografie eine Leidenschaft für Naturwissenschaften habe, wollte ich wissen, was es mit dem unendlichen Raum am Nachthimmel auf sich hat, der entsteht, wenn auch die astronomische Dämmerung vorbei ist (der Sonnenstand also weit mehr als 18° beträgt). Wir verabschieden uns heute von der Dämmerung und tauchen in den Nachthimmel ein, in die Finsternis und das absolute Nichts.

Tipp: Auch dieser Beitrag liest sich am Besten “in the dark”

Mehr zur Geschichte von Rovinj gibt es übrigens hier. Für alle, die Rovinj mal bei Regen und im Comic-Modus erleben möchten, geht es hier entlang.

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Was bedeutet “Dunkelheit”?

In meinem Beitrag zur Identität der Erde (hier nachzulesen) ging ich auf die griechische Mythologie zurück, in dem am Anfang das Chaos stand. Zwar ist Chaos nicht gleichzusetzen mit Dunkelheit, sondern eher mit Strukturlosigkeit, das Universum an sich liegt in der Finsternis, stellenweise erhellt durch Sterne, Sonnen und andere Himmelskörper.

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In ihrem Online-Beitrag zu Licht und Dunkelheit schreibt Eva Lüdi Kong über die Bedeutung der Dunkelheit in verschiedenen Kulturkreisen. Im christlich geprägten Okzident wurde die Dunkelheit oft negativ wahrgenommen. Hinweise darauf geben uns Redewendungen wie “Licht ins Dunkel bringen” oder “etwas sei erhellend oder einleuchtend”. Das Licht steht für Klarheit, Geburt und Genese. Anders im chinesischen Kulturkreis, wo Licht und Dunkel als Gegensätze eine Einheit bilden und dabei wertungsfrei zum Ganzen gehören. Auch in der griechischen Philosophie waren Licht und Dunkelheit untrennbar voneinander. Parmenides zufolge offenbare sich die Wahrheit zwar im Licht, doch führt der Weg dorthin durch die Nacht (3). Mit seinem Höhlengleichnis beschrieb Platon (428/427 – 348/347 v. Chr.) den Schritt aus dem Dunkel ins Licht als den elementaren Prozess in der Geschichte des Menschen (4). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass im Dunkel ein kreativer Vorgang zur Ideenfindung, Problemlösung, Rückbesinnung in Gang gesetzt werden kann. Design Thinking oder Rapid Prototyping im Dunkeln?

Exkurs: Fear of the dark? – Nyktophobie

Die Nyktophobie (altgriechisch: νυκτός (nyktós) Nacht) auch Skotophobie (σκότος (skótos) – Dunkelheit), Lygophobie (λύγη (lýgē) – Zwielicht) bezeichnet die übersteigerte Angst vor der Dunkelheit. Das Synonym ‘Achluophobie, wurde vom altgriechischen Wort ἀχλύς, ἀχλύος f. (achlýs, achlýos) – Nebel abgeleitet, welches ebenso für Dämmerung steht (2). Nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene bis ins Seniorenalter können betroffen sein. Meistens haben die Betroffenen keine Angst vor der vor der Dunkelheit selbst, sondern vor Gefahren, die damit assoziiert werden. Hinter dieser Phobie steckt nicht selten eine traumatische Erfahrung verbunden mit Dunkelheit.

Von der Dunkelheit ins “Nichts”?

Als der griechische Philosoph Parmenides von Elea (ca. 510/515 – 450 v. Chr.) schlussfolgerte, dass das es entweder Sein oder Nichts gibt und damit das Nichts ausschloss, da ja das Seiende ist und deshalb nicht nicht sein kann, schloss er das Nichts damit nicht nur aus, sondern auch die Möglichkeit es zu denken, darüber zu sprechen und sogar es zu erforschen (1). Auch wenn die Schlussfolgerung des Vorsokratikers logisch erscheint, stellt sich die Frage nach dem ‘entweder/oder’. Müsste man sich entscheiden ob es entweder das Sein oder Nichts gibt, so würde man Parmenides absolut recht geben. Nun ist gibt es aber Licht und Dunkel, heiß und kalt etc. Worauf ich hinaus will ist die das Koexistieren verschiedener Zustände und Bedingungen bei Licht, Temperatur, Trübheit etc. Warum nicht auch bei Materie?

Was soll das genau sein, dieses “Nichts”?

Mit Nichts wird in der Alltagssprache ein universelles abstraktes Konzept bezeichnet, das verschiedene Bedeutungsaspekte besitzt. Über das Nichts wurde schon so viel geforscht und philosophiert, dass man mittlerweile doch nur in Frage stellen kann, ob es nicht doch da ist, da wir uns ja damit beschäftigen. Nicht nur die Philosophie, sondern auch die Naturwissenschaften, der Buddhismus und zuletzt die Mathematik und Informatik haben das Nichts als Phänomen bereits aufgegriffen.

Was könnte die Physik sagen?

Kurze Anmerkung vorab: Ich bin KEINE Physikerin. Nachfolgend habe ich mir lediglich etwas hergeleitet. Physikalisch gesehen unterscheidet sich Sein und Nichts lediglich durch die Dichte der Substanz bzw. Materie. Je dichter Teilchen und Moleküle liegen oder schweben, desto sichtbarer ist ein Stoff, desto mehr Gewicht hat und desto definierter ist seine Form. Für den Menschen ist ja bereits nichts da, sobald die Teilchen in der Luft klein genug sind, dass sie für unser Auge quasi “unsichtbar” sind. Ich persönlich würde das Nichts schon deshalb als existent anerkennen. Im luftleeren Raum mag es zwar noch Teilchen in geringer Dichte vorhanden sein, also alles andere als nichts. Zwei Fakten bestätigen m.E. das “Sein des Nichts”:

  1. Die Tatsache, dass für den Menschen alles scheinbar“Unsichtbare” nicht da ist (Bsp.: In einer leeren Schale ist nichts drin), zeigt, dass es ein Nichts ein Materie gibt, eine Quasi-Abwesenheit davon.
  2. Vor dem Urknall war bereits nichts da. Warum sollte dieses verschwunden sein, nur weil etwas hinzugekommen ist, also die Erde auf der wir leben.

Abschließend ein Lesetipp zum Thema. Im Online-Artikel von Sven Stillich und Claudia Wüstenhagen zur Nacht werden Zusammenhänge und Wahrnehmung der Nacht erörtert und damit verbundene Begriffe erläutert.


Quellen:

  • spektrum.de: Parmenides von Elea (METZLER PHILOSOPHEN-LEXIKON)
  • (1) zeno.org: Parmenides von Elea, “Über die Natur”, Absatz 151.
  • duden.de: Online-Wörterbuch
  • wiktionary.org: Definition und Bedeutung des Terms ‘Dunkelheit’
  • phobiasource.com: Achluophobie – Beschreibung und Literatur
  • zeit.de: “Die Nacht”, Sven Stillich und Claudia Wüstenhagen, aus ZEIT Wissen Nr. 2/2015, 17. Februar 2015
  • (2) wikipedia.org: Nyktophobie – Definition und Überblick
  • goethe.de: Fokus: Nacht, “Das Licht der Nacht”, Eva Lüdi Kong, Goethe-Institut China, Februar 2015.
  • (3) Werner BEIERWALTES, C.V. BORMANN, Licht, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hg. v. Joachim RITTER u.a., 13 Bde., Basel, Stuttgart 1971-2007, Bd.5 (1980), S.282.
  • (4) BLUMENBERG, Paradigmen, S. 113 (Hervorhebungen von Blumenberg).
  • degruyter.de: DIE PHILOSOPHISCH-POLITISCHE AUFLADUNG DER LICHT-FINSTERNIS-METAPHORIK.