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Von Arbeitsteilung und Produktivität
Bisher habe ich euch in vier Teilen Adam Smith’s ‘Theorie der ethischen Gefühle‘ (kurz: TEG; engl.The Theory of Moral Sentiments) vorgestellt. Auch sein zweites Werk ‘Der Wohlstand der Nationen’ (kurz: WN; engl. Wealth of Nations) wurde ein Bestseller. Während der Moralphilosoph in seinem ersten Buch beschrieb wie grundlegend Sympathie für die Entstehung ethischer Gefühle ist, lieferte er mit dem ‘Wohlstand der Nationen’ einen Entwurf unserer modernen Ökonomie. Heute sehen wir uns an, wie Wohlstand mit ‘Arbeitsteilung und Produktivität‘ zusammenhängt. Vor allem die Arbeitsteilung und Spezialisierung wirken sich wesentlich auf den Wohlstand eines Landes aus.

Mehr zum Leben und Wirken von Adam Smith gibt es hier in seiner Biografie. Und wer sich zudem für die Epoche interessiert, in der Adam Smith gelebt hat, kann hier zur schottischen Aufklärung und Adam Smith, nachlesen.
Arbeitsteilung und Produktion
Die Arbeitsteilung erhöhte die Produktivität, durch die mit der gleichen Anzahl an Arbeitskräften mehr Arbeit bewerkstelligt werden kann. Damit wurde die Massenproduktion möglich. Diese Steigerung der Arbeit hängt von drei Faktoren ab:
1. Höhere Geschicklichkeit
Aufgrund der Arbeitsteilung steigert die Geschicklichkeit des Einzelnen, so dass seine Leistung steigt. Einzelne Arbeitsgänge nach Arbeitsteilung sind viel einfacher, wodurch die Arbeitsgeschwindigkeit steigt.
2. Zeitersparnis
Der Wechsel von Tätigkeiten verlangt nach Wechsel der Räume und Werkzeuge sowie dem Einfinden in die neue Aufgabe. Durch den Wechsel kommt keine Routine auf und sobald eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit erreicht ist, wird die Aufgabe wieder gewechselt. Geschicklichkeit wird nicht erst weit entwickelt.
3. Erfindung von Maschinen
Maschinen ersetzen viele hintereinander auszuführende, gleiche Handgriffe. So wird die Arbeitszeit verkürzt und der Einzelne in den Stand versetzt die Arbeit vieler zu leisten.

Arbeitsteilung und Spezialisierung
Die Arbeitsteilung zog die Spezialisierung nach sich und beide führten zur Bildung von Gewerben und Berufen verschiedenster Art. Durch die räumliche und fachliche Trennung der Arbeitsgänge voneinander entsteht eine Produktionskette. Weiterhin erhöht die sinnvolle Teilung und Verknüpfung der Arbeitsgänge die Produktivität in Stückzahlen. Ein hoher Grad an Spezialisierung typisch für wirtschaftlich weit entwickelte Länder.
In der Landwirtschaft ist eine Trennung von Arbeitsgängen aufgrund ihrer verschiedenen Saisonalität nicht möglich, denn niemand wäre durchgängig beschäftigt. Deshalb kann die Landwirtschaft ärmerer Länder qualitativ und preislich mit Agrarprodukten reicherer Länder bedingt mithalten, während dies im Gewerbesektor nicht geht. Allerdings begründet sich der volkswirtschaftliche Erfolg eines Landes auf dem Zuwachs der Produktion in den Gewerben.
Der Einzelne und die Arbeitsleistung
Wer arbeitet, verfügt über ein Leistungspotential, das größer ist, als zum eigenen Leben nötig. Und so kann ein Großteil der eigenen Arbeitsleistung gegen eine ebenso große Menge Güter anderer, oder, gegen den Preis dieser Güter eintauschen. Indem er andere mit dem versorgt, was sie brauchen, erhält der Einzelne, was er selbst benötigt. So breitet sich ein allgemeiner Wohlstand aus.
Die Vielfalt von Arbeitsgängen, die ein einzelner einfacher Gegenstand, wie z.B. eine Schere ist, benötigt hat, bevor die Arbeitsteilung begann, zeigt, dass ohne das Zusammenwirken Tausender Menschen nur ein Bruchteil der Bevölkerung mit diesen Gütern versorgt werden konnte. Diese Güter waren den Reichen vorbehalten, die jedoch keine Arbeit verrichteten.

Das Prinzip, das der Arbeitsteilung zugrunde liegt
Wohlstand muss zwangsläufig aus Arbeitsteilung entstehen, da der Mensch eine natürliche Neigung zum Handel und Tausch hat. Der Mensch einer zivilisierten Gesellschaft ist vielfach auf die Mitarbeit und Hilfe anderer angewiesen. Doch er erhält Hilfe nicht allein durch Wohlwollen, erst wenn er die Eigenliebe anderer zu seinen Gunsten nutzt.
Tausch und Eigenliebe
Menschen möchten nicht vom Wohlwollen anderer abhängen, sondern in ihren Interessen wahrgenommen werden. Und wie sie sich gegenseitig bei deren Erfüllung helfen können. So dass sie ihren Vorteil in einem Handel mit anderen sehen.
Allein indem wir den Vorteil anderer ansprechen, bekommen wir was wir wollen.
Adam Smith, schottischer Moralphilosoph (1723 – 1790)
Nicht durch Wohlwollen und Menschenliebe. Das Verhandeln und Tauschen sind Mittel, um uns versorgen können. Die Neigung zum Tausch gibt den Anstoß zur Arbeitsteilung.

Arbeitsteilung und Talent
Sobald der Mensch Dinge über den Eigenbedarf hinaus durch eigene Arbeit produzieren und gegen überschüssige Produkte anderer eintauschen kann, wird er dazu ermutigt, sich zu spezialisieren und sein Talent weiterzuentwickeln. Die Unterschiede in den Begabungen einzelner Menschen ist dabei kleiner als gedacht. So sind viele Talente, die unterschiedliche Berufe ausmachen, letztlich oft eine Folge der Arbeitsteilung aber keine Ursache. Erst durch Lebensweisen, Gewohnheit und Erziehung kommen viele Berufe zustande. Ohne die Neigung zum Tauschen und Handeln müsste jeder von uns alles selbst herstellen. Alle würden die gleiche Arbeit leisten und es gäbe keine verschiedenen Berufe. Und niemand würde je feststellen, dass er Talente besitzt.

Durch unsere Talente ergänzen die Menschen sich gegenseitig in ihrer Arbeit und verbessern gemeinsam das Leben der Gesellschaft bzw. Menschheit. Während Tiere auf sich gestellt bleiben (insofern sie nicht in Herden oder Rudeln leben). Konträr dazu sind die versch. Begabungen der Menschen einander nützlich. Die Talente vieler ergänzen sich zu einem gemeinsamen Produkt, das wiederum allen nützlich sein kann.
Marktgröße und Handelswege
Das Ausmaß der Fähigkeit zum Tauschen und damit die Marktgröße begrenzen die Arbeitsteilung. Ist der Markt klein, ermutigt dies kaum einer Beschäftigung nachzugehen, denn was über den Eigenbedarf hergestellt wird, kann nicht getauscht werden. Daher ist die Spezialisierung auf dem Land nicht so groß. Denn weder ist Zahl der Aufträge groß, noch gibt es ergänzende Gewerbe wie z.B. Zuarbeiter oder Veredler. In dichter besiedelten Gegenden ist die Nachfrage höher.
Wasserwege und Binnenschifffahrt
Wasserwege öffnen Gegenden für den Handel und Märkte für Gewerbe, die über den Landweg nicht oder nur schwer erreichbar wären. Deshalb entstanden die ersten spezialisierten Gewerbe an der Meeresküste und am Ufer schiffbarer Flüsse.

Der Handel auf dem Seeweg ermöglichte den Warentausch über weite Strecken, eine Expansion der Märkte, Einfuhr neuer Waren sowie weitere Spezialisierung. Da der Seehandel über weite Strecken kostengünstiger war, konnten auch Güter von geringem Wert in großen Stückzahlen transportiert und gehandelt werden. Zudem war der Seehandel sicherer, gerade bei hochwertigen Produkten. Logischerweise finden sich die Anfänge früher Kulturen an Orten mit günstigem Zugang zum Seeweg, ihre Ausbreitung ins Landesinnere kam später. Ausschlaggebend für die Größe der Binnenland-Märkte war der Wohlstand der benachbarten Gebiete.
Die meisten der großen Siedlungen entstanden in Nordamerika an der Küste und entlang schiffbarer Flüsse. Auch die ersten Kulturvölker waren an den Meeresküsten ansässig. Der frühe Aufschwung Ägyptens kam wahrscheinlich mit der ausgedehnten Binnenschifffahrt. Der Wasserhandel entwickelt sich dann, wenn Gewässer über keinen Zugang zum Meer verfügen, der andere Länder erreichbar macht. Auch wenn große Flüsse zu weit voneinander entfernt liegen, kann sich kaum eine Binnenschifffahrt entwickeln. Es braucht ein weit verzweigtes Fluss- und Kanalsystem und einen eigenen Zugang zum Meer, damit sich Seehandel entwickeln kann.

Der Homo Oeconomicus als Kern der modernen Wirtschaftslehre?
Die einseitige Sympathie des Menschen mit den Mächtigen und Reichen stabilisiert Herrschaft und womöglich Tyrannei. Und stellt für Smith eine «Korruption» moralischer Gefühle dar. Zwar spielt darin die auf Profiterzielung ausgerichtete Marktlogik eine wachsende Rolle, aber sie ist gleichwohl nicht frei von Moral. Denn, das rücksichtslose Verfolgen der eigenen Interessen würde das Vertrauen der Akteure ineinander erschüttern, ihre Zusammenarbeit gefährden oder sogar verhindern und den allgemeinen Wohlstand gefährden.